
Gestatten: CAP SAN DIEGO
Unser Schiff wurde 1962 nach rund elfmonatiger Bauzeit in Dienst gestellt. Es war das letzte von insgesamt sechs baugleichen Stückgutfrachtern, die im Linienverkehr zwischen Europa und Südamerika verkehrten. Gefahren wurden südgehend u. a. Maschinen, Technik- und Chemieprodukte. Aus Südamerika kamen meist Rohkaffee, Kakao, Rindfleisch und Obst in Kühlräumen sowie Speiseöle in beheizbaren Tanks. Bananen hat die CAP SAN DIEGO übrigens nie transportiert.
Der Auftraggeber des Frachters war die Reederei Hamburg Süd, die damals zum Dr.-Oetker-Konzern gehörte. Alle Schiffe dieser Baureihe, »Klasse« genannt, waren nach einem geografischen »Kap San …« (oder »Capo San …«) benannt – unser Schiff nach der Westspitze Feuerlands, dem Kap San Diego.
Die CAP SAN DIEGO wurde auf der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder gebaut (wo heute das Airbus-Werk seinen Sitz hat). Sie und ihre CAP-SAN-Schwesterschiffe waren damals hochmodern: Vor Einführung der Container wurden Güter in Kisten, Säcken oder Fässern lose geladen. Dafür verfügt das Schiff u. a. über große Laderäume und über Masten mit Ladebäumen und zwei Wippkränen. Alle technischen Einrichtungen konnten komfortabel bedient werden. Die CAP-SAN-Schiffe waren nicht zuletzt deshalb bei den Mannschaften und auch den Hafenarbeitern als Arbeitsplatz begehrt.
Der Frachter konnte bis zu 10 000 Tonnen Ladung fahren – eine Menge, die im Stückgutbetrieb in rund sieben Tagen geladen wurde. Dieselbe Menge wird heute in Containern in maximal acht Stunden bewegt. Darum verwundert es kaum, dass die CAP SAN DIEGO schon wenige Jahre nach ihrer Indienststellung durch die beginnende Containerschifffahrt unrentabel wurde. Nach dem Verkauf des Schiffes Anfang der 1980er-Jahre drohte ihm 1986 sogar die Verschrottung in Asien. Buchstäblich im letzten Moment wurde die CAP SAN DIEGO durch das Engagement der Stadt Hamburg gerettet und liegt heute als waschechte »Hamburgensie« an der Überseebrücke vor der Elbphilharmonie.
Mehrmals im Jahr geht das Schiff auf Fahrt. Kommen Sie mit an Bord und erleben Sie, wenn die CAP SAN DIEGO zum Leben erwacht. Alle Bereiche des Schiffes stehen Ihnen offen, von der Brücke bis zum Maschinenraum. Die Besatzung zeigt und erklärt Ihnen gern alle Funktionen des größten fahrtüchtigen Museums-Frachters der Welt.
Die wichtigsten Stationen im Leben der CAP SAN DIEGO
1961: Nach einer Bauzeit von knapp fünf Monaten läuft am 15. Dezember nach der Schiffstaufe der Rumpf vom Stapel. Bauwerft ist die Deutsche Werft AG in Hamburg-Finkenwerder.
1962: Nach umfangreichen Probefahrten sticht die neue CAP SAN DIEGO am 30. März zu ihrer ersten Südamerikareise in See.
1963: Im März werden in der Bauwerft seitlich der Luke II zwei Taschenluken als zusätzliche Kühlräume eingebaut. Zusätzlich wird das Ladegeschirr durch weitere Motorisierung einfacher zu bedienen.
1963–1981: Die CAP SAN DIEGO verkehrt für die Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft Eggert & Amsinck – kurz Hamburg Süd – im Liniendienst zwischen Europa und der Ostküste Südamerikas. Dabei macht das Schiff insgesamt 120 Rundreisen.
1981: Am 10. Dezember wird das Schiff an die spanische Tochterreederei »Ybarra« verkauft. Unter panamaischer Flagge fährt die CAP SAN DIEGO in Charter für die Hamburg Süd die gewohnten Rundreisen.
1982: Im März läuft die Charter für die Hamburg Süd aus, der Schiffsname wird in SAN DIEGO geändert.
1986: Die »Multitrade Shipping Inc.«, Liberia, kauft im Frühjahr das Schiff und nennt es SANGRIA. Es fährt unter der Flagge der Karibikinseln St. Vincent und der Grenadinen. Im August kauft die Freie und Hansestadt Hamburg die SANGRIA kurz vor der Verschrottung in Hongkong und lässt das Schiff nach Cuxhaven überführen. Aus der SANGRIA wird wieder die CAP SAN DIEGO.
1987: Nachdem viele Freiwillige – oft ehemalige Seeleute – in Hamburg bei den ersten Aufräum- und Reparaturarbeiten geholfen haben, geht das Schiff im August zur Generalüberholung in Dock 15 der Hamburger Werft HDW.
1988: Die Stiftung Hamburger Admiralität übernimmt die CAP SAN DIEGO. Anschließend wird die CAP SAN DIEGO-Betriebsgesellschaft gegründet. Unter Beteiligung des Museums der Arbeit werden Konzepte zur künftigen Nutzung des Schiffes ausgearbeitet.
1990: Für eine Nutzung als Museum sind umfangreiche Umbauten nötig. Anschließend verholt das Schiff vom bisherigen Liegeplatz in Hamburg-Neumühlen an den heutigen Liegeplatz an der Überseebrücke. Die CAP SAN DIEGO liegt mit speziellen Dockschlössern, die u. a. ein Heben und Senken des Schiffes bei Ebbe und Flut erlauben, an eigens gerammten Pfählen.
2001: Am 6. Dezember verleiht der World Ship Trust der CAP SAN DIEGO den »Maritime Heritage Award«.
2003: Am 1. Dezember wird die CAP SAN DIEGO in das »Verzeichnis der beweglichen Denkmäler« des Denkmalschutzamtes Hamburg aufgenommen. Die Nummer des Schiffes dort lautet 1406.
2005: Die ehemaligen Passagierkabinen und die Kapitänssuite dürfen per Konzession als Hotel genutzt werden (weitere Kabinen folgen im Laufe der nächsten Jahre).
2006: In den 1990er-Jahren hatte die CAP SAN DIEGO mit Sondergenehmigungen einige Gästefahrten auf der Elbe bis Cuxhaven unternommen. Im März wird das Schiff in der Werft von Blohm + Voss Repair verholt, um die »Klasse« wieder zu erlangen. Ähnlich wie der TÜV bei Kraftwagen gewährleistet die Klasse die Fahrerlaubnis eines Schiffes. Nach 17 Tagen Werftarbeit bekommt der Frachter das Klassenzeichen »100 A 5 (K 50)« und den Fahrterlaubnisschein für die folgenden vier Jahre. 2011 und 2016 folgten die nächsten »Klassen-Fahrten« zur Werft.
2009: Am Kopf der Überseebrücke eröffnet der »Ship Shop«. Ehrenamtliche tragen nicht nur wesentlich zum Erhalt des Schiffes bei, sie verkaufen auch maritime Andenken, Geschenke und Nützliches im Shop.
2021: Im März bricht die CAP SAN DIEGO nach Bremerhaven auf. Bei der dortigen Bredo-Werft wird die Klasse erneuert.
2022: Nach zwei Jahren coronabedingter Pause unternimmt die CAP SAN DIEGO wieder ihre gewohnten Gästefahrten.
Einige Zahlen zum Schiff
Länge über alles: 159,4 Meter
Breite: 21,47 Meter
Höhe von der Peildeckreling bis zum Kiel: 26,5 Meter (so hoch wie ein fünfstöckiges Haus)
Leistung Hauptmaschine: 11 650 PS bei max. 118 Umdrehungen pro Minute
Zylinderzahl Hauptmaschine: 9
Hubraum Hauptmaschine: 1920 m³
Treibstoffverbrauch pro Tag: 40 Tonnen
Tiefgang: 8,46 Meter*
Tragfähigkeit: ca. 10 500 Tonnen*
Anzahl der Ladeluken: 5
Kühlladung: 3000 Tonnen bei +12 °C bis –20 °C
Eigengewicht: 6700 Tonnen
Besatzung: anfangs 49, in den 1980ern 35 Personen
Zahl der Passagiere, die früher nach Südamerika mitfahren durften: 12
Anzahl der Bauteile des Rumpfes: ca. 25 000
*Die CAP SAN DIEGO konnte als Voll- und als Schutzdecker fahren – je nachdem schwanken die Angaben zum Ladevermögen und zum Tiefgang.